Das Biedermeier war eine Zeit der Ruhe und des Friedens. Viele Familien waren nach den napoleonischen Kriegsjahren jedoch verarmt. Das Geld, das noch vorhanden war, wurde benutzt, um die Wohnung und den familiären Raum so gemütlich wie möglich zu gestalten.

Biedermeier Stühle

Die Handwerkskunst hatte gleichzeitig ihren Höhepunkt erreicht. Noch nie zuvor waren Tischler in der Lage gewesen, so perfekte Möbelstücke herzustellen wie in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Tischler erlebten deshalb trotz der angestrengten Zeiten einen Aufschwung, und in ihren Werkstätten konnten sie ihre Vorstellung vom perfekten Möbelstück verwirklichen. Dabei wussten sie nicht, dass es ein Schwanengesang war. Die einsetzende Industrialisierung machte viele Handwerker arbeitslos, und auch Möbel wurden zu einem Produkt der Fabriken. Biedermeier-Möbel nehmen in der Möbelgeschichte deshalb eine besondere Rolle ein. Sie sind das schönste Erbe einer großen Handwerkskunst.

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Stil und Formen – Napoleon lässt grüßen

Obwohl Napoleon Europa verlassen hatte, blieb der Geschmack seiner Zeit noch einige Jahrzehnte erhalten und prägte auch die Biedermeier-Möbel. Die Stühle sind klassizistisch und elegant. Ihre geschwungenen Lehnen erinnern oft an die Lehnen römischer Kaisersessel. Da im Biedermeier das Bürgertum mit seinem familiären Leben in den Mittelpunkt rückte, strahlen die Stühle auch eine gewisse Gemütlichkeit aus. Sie laden dazu ein, sich hinzusetzen, ein Buch zu lesen oder die Stickerei in die Hand zu nehmen. Die Sitzflächen wurden oft geflochten oder weich gepolstert, der Schwung in der Rückenlehne sollte auch längeres Sitzen so angenehm wie möglich machen.

Gebogene Lehne bei einem Biedermeier Stuhl aus Nussbaum

Der Tischler Michael Thonet entwickelte in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Verfahren, mit dem man Holz über Wasserdampf biegen konnte. Das Biedermeier schien nur darauf gewartet zu haben! Gebogene Rückenlehnen wurden absolut en Vogue, und viele typische Caféhausstühle erinnern heute noch an den klassischen Thonet-Bugholzstuhl. Zum Ende des Biedermeiers wurden die Stühle immer verspielter. Der schlichte, klassische Stil wurde langsam durch eine neue Lust zur Dekoration verdrängt.

Kostbare Materialien und Sparmaßnahmen

Die Möbelschreiner dachten bei der Wahl der Hölzer im 19. Jahrhundert ausschließlich an die Schönheit des Objekts und verwendeten fast ausschließlich Edelhölzer.

Bidermeier Holzarten

Besonders angesagt war das neu entdeckte Mahagoni. Die Einfuhr von Mahagoni war jedoch schwierig und wurde erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts regelmäßig durchgeführt. Es galt mit seinem dunklen Rotbraun als das kostbarste Holz überhaupt, das von den Tischlern meist auf Hochglanz poliert wurde. Nur sehr wohlhabende Bürger und Adelige konnten sich Stühle aus Mahagoni leisten. Als dieses Holz immer moderner wurde, begannen Tischler andere Holzarten so zu bearbeiten, dass sie wie Mahagoni aussahen. Der Begriff „echtes Mahagoni“ wurde geboren, da bereits ab 1840 zahlreiche Fälschungen auf dem Markt waren.

Ehrlicher waren Tischlerarbeiten aus Kirschbaumholz, Eiche oder Nussbaum. Kirschbaumholz kann sehr hell, aber auch rötlich sein und wurde in der dunklen Ausgabe gerne für Mahagoni-Imitate verwendet. Nussbaum und Eiche konnten gräulich sein, aber je nach Verarbeitung auch dunkel bis schwarz wirken.

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Echt oder falsch?

Kaum eine andere Epoche wird bei der Möbelproduktion so oft nachgeahmt, wie das Biedermeier. Einige Hinweise zeigen auch Laien, ob der Stuhl wirklich echt ist. Sehr glatte Sägeflächen lassen eine Kreissäge vermuten – die damals noch nicht erfunden war! Wenn Furnier verwendet wurde, muss es auffallend dick sein. Man sieht dem Stück an, dass es Handarbeit ist. Kleine Unebenheiten sind leicht zu erkennen. Außerdem weist jedes Möbelstück, das über 150 Jahre alt ist, mit Sicherheit Gebrauchsspuren auf.

Biedermeier Stuhl - links das Original und rechts der Nachbau

Anders sieht die Situation aus, wenn man bewusst Möbel im Biedermeier-Stil kaufen will und dabei neue Möbel bevorzugt. Sie sind wesentlich preisgünstiger. Das Material ist modernen Verhältnissen angepasst, und sie sind außerdem leichter zu pflegen.

„Shabby Chick“ – mit Biedermeier-Stühlen?

Echte Biedermeier-Stühle wurden so gut wie nie lackiert oder gestrichen. Im Gegenteil. Die Tischler legten großen Wert auf die Färbung und die Maserung des Holzes. Es stand im Mittelpunkt und sollte auf keinen Fall mit Farben verdeckt werden. Allerdings werden Biedermeier-Stühle schon seit fast hundert Jahren gerne imitiert. Man kann also durchaus einen alten Stuhl besitzen, der wie Biedermeier aussieht, aber aus dem Jahr 1920 stammt und deshalb nur einen geringen Sammlerwert hat. Sie sind die perfekten Stücke, um sich einen Shabby-Chick-Stuhl zu basteln! Dazu wird das Holz hell angestrichen und anschließend wieder teilweise abgeschliffen. Wenn das Holz fertig behandelt ist, wird es mit einem klaren Lack überzogen.

Beim Kauf von echten Biedermeier-Stühlen sollte man sich von einem Spezialisten begleiten lassen. Auch vor einer Versteigerung ist es wichtig, das Angebot mit einem angesehenen Händler oder mit einem Vertreter des Auktionshauses zu besprechen.

Wie wird der Stuhl restauriert und gepflegt?

Alte Stühle mit Polsterungen müssen oft aufgearbeitet werden, damit man sie wieder täglich benutzen kann. Dabei darf der Stuhl jedoch keinesfalls an Wert verlieren. Am besten berät man sich mit einem Fachmann für Möbelrestauration und parallel dazu mit einem Antiquitätenhändler. Bei einem gemeinsamen Gespräch kann oft eine passende Lösung gefunden werden. Restauratoren sind auch in der Lage, den Stuhl in Einzelteile zu zerlegen und ihn erneut stabil zusammenzubauen. Das Holz sollte niemals abgeschliffen, sondern ausschließlich mit Möbelpolitur liebevoll behandelt werden.